Bin ich obsolet? Meine «Lovestory» mit ChatGPT
Ich bin ein einigermassen technikaffiner Mensch. Ich komm mit meinem Computer sehr gut klar (wir sind eng befreundet), ich versteh recht viel von Websites und nutze digitale Tools, um meinen Alltag und meinen Job zu managen. Ich mag Veränderungen und wenn etwas neu ist, dann finde ich das erstmal gut und spannend.
Vor diesem Hintergrund erstaunte mich folgendes Verhalten doch sehr: Der Hype um ChatGPT haute mich heftig aus den Latschen.
Rational betrachtet hat es ja kommen müssen. Die KI-Sau wurde bereits seit Monaten durchs digitale Dorf namens LinkedIn getrieben und hätte ich den Kopf nicht in den Sand gesteckt wie ein depressiver Straussenvogel, hätte ich mich früher damit auseinandergesetzt.
Da war er nun, der Berufskollege Chat, und alle sprachen über ihn. Publizierten E-Books, in denen sie erklärten, mit was der Kollege gefüttert werden will. Lobten seinen Schreibstil und schwärmten von seinem Output. Schrieben Blogbeiträge mit Tipps für den optimalen Gebrauch des neuen Wundergeräts. Optimaler Input für optimalen Output.
Ich derweil fabrizierte nullkommanull Output. Schreibblockade. Selbstzweifel. Und die Frage: warum stresst mich das so? Die drehte ich hin und her und mich selber im Kreis.
Bis ich in einem Interview zum Thema künstliche Intelligenz die Antwort fand. Die darin befragte Technikhistorikerin sagte sinngemäss, dass es uns erschreckt, wenn Maschinen Dinge können, die unser Selbstverständnis als Menschen tangieren.
Die gute Frau mit dem mir bis dato unbekannten Beruf traf den Nagel auf den Kopf: Der Chat stresst mich, weil er etwas kann, das mir unheimlich wichtig ist. Ich habe das grosse Glück, einen Beruf auszuüben, der gleichzeitig meine Leidenschaft ist. Ich schreibe. Fürs Leben gern. Dass eine Maschine das übernehmen soll, es besser können soll, das macht mir Angst.
Mit dieser Erkenntnis verschwand mein Stress interessanterweise so schnell wie er gekommen war und ich konnte über die Liste, die ich auf LinkedIn entdeckte, nur noch müde lächeln.
Sie war betitelt mit «Jobs, die durch ChatGPT verschwinden», mein Passionsberuf rangierte auf dem dritten Platz.
Nun bin ich nicht nur ein technikaffiner, sondern auch ein optimistischer Mensch. Ich freute mich also über meinen Podestplatz (so einen Erfolg hatte ich seit dem Skirennen 1994 nicht mehr) und gründete eine GmbH (eine Textagentur). Sie basiert auf KI (Karin Intelligenz) und ob das Zukunft hat, weiss wohl nur der Chat.
Und das meint der Chat
PS: Ich fands dann irgendwie fair, auch den Chat etwas dazu sagen zu lassen. Hier seine Meinung: «ChatGPT ersetzt den Beruf des Texters nicht vollständig. Während ChatGPT in der Lage ist, menschenähnliche Antworten auf verschiedene Fragen und Anfragen zu generieren, ist es nicht in der Lage, das menschliche Urteilsvermögen, die Kreativität und das kulturelle Verständnis eines erfahrenen Texters zu ersetzen (…). Insgesamt denke ich, dass ChatGPT und andere KI-Modelle eine aufregende Zukunft haben. Wir werden weiterhin Fortschritte machen und dazu beitragen, die Art und Weise zu verändern, wie Menschen arbeiten, kommunizieren und leben. Solange wir uns bewusst sind, dass KI-Modelle keine menschliche Intelligenz ersetzen können und ethisch verantwortungsbewusst handeln, wird KI dazu beitragen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.»
So schön, auch Chat mag Weltfrieden!
Als ich ihn dann fragte, wie wir Weltfrieden erreichen können, sagte er: Something went wrong. If this issue persists please contact us through our help center at help.openai.com.
Was für eine Flasche.
PPS: Ich mache mich lustig über die ganze Situation, weil Humor immer hilft, schwere Sachen zu verdauen. Ich nehme das Thema KI aber sehr ernst. Wird noch einige gesellschaftliche Auswirkungen haben, die etwas weniger lustig sind, orakle ich. Und vielleicht auch einige gute. Wer weiss das schon?
Na wer wohl.